Erik kam am 13. August, einen Tag vor dem errechneten Termin, zu Hause in unserer Wohnung zur Welt. Im selben Zimmer, sogar an derselben Stelle, habe ich etwa 2 Jahre zuvor schon seinen Bruder zur Welt gebracht; seine 4 Jahre alte Schwester habe ich im Geburtshaus entbunden.
Nachdem ich schon seit einigen Tagen Senkwehen hatte, fingen am 12. August abends gegen 23 Uhr leichte Wehen an. Ich hatte ein leichtes Ziehen am Schambein und im Kreuz, das sich über Stunden gezogen hat. Da wir zehn Tage vorher schon einen `Fehlalarm` hatten, war ich mir noch nicht ganz sicher, ob es dieses Mal wirklich los geht und die Wehen bleiben. Um meine Kräfte zu schonen, habe ich mich deshalb hingelegt und nur noch das Nötigste für die Geburt vorbereitet. Sogar auf das Baden habe ich dieses Mal des Schlafes wegen verzichtet.
Erst gegen 4 Uhr bin ich dann aufgestanden als die Wehen stärker wurden. Gegen 4:15 Uhr ging es dann mit heftigen Wehen in bereits sehr kurzen Abständen los, die ich alleine auf dem Ball im Wohnzimmer veratmet habe. Ich hatte vor, meine Hebamme Chris frühestens gegen 5 Uhr zu wecken, habe sie dann aber doch schon eine halbe Stunde später verständigt. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt sicher, dass die Geburt dieses Mal tatsächlich losging, und deshalb froh, dass Chris bereits 25 Minuten später eintraf. Kurze Zeit später kam auch die zweite Hebamme Silke; in diesem Moment wachte auch unser erster Sohn auf und gesellte sich zu uns ins Wohnzimmer. Zu meinem Erstaunen war der Muttermund zu dieser Zeit bereits 9 cm geöffnet und ich freute mich, da ich wusste, dass es nun nicht mehr lange dauern würde.
Kurz vor 6 Uhr sind wir dann alle ins Schlafzimmer umgezogen, wo ich weiterhin auf dem Ball saß und mein Mann mir das Kreuzbein massierte. Unser Sohn machte es sich auf unserem Bett gemütlich und schaute gespannt zu, was um ihn herum passierte. Um 6 Uhr spürte ich einen Druck nach unten, der weiter zunahm. Chris meinte, es sei kein Muttermund mehr zu spüren und das sei nur noch die volle Fruchtblase. Um 6:17 Uhr bin ich dann in den Vierfüßlerstand gegangen, habe mitgedrückt und die Fruchtblase ist gesprungen. Danach ging alles sehr rasant und ich habe in zwei Wehen meinen Sohn ‚hinausgeatmet‘.
Erik wurde um 6:21 Uhr geboren. Ich habe ihn hochgenommen und bin dann mit ihm auf das Bett umgezogen, wo er sich eingekuschelt hat und schon kurze Zeit später das erste Mal an meiner Brust getrunken hat. Sein Bruder hat die Geburt mit großen Augen verfolgt und seine Schwester kam genau in dem Moment zur Tür herein, als Erik gerade geboren war. (Bei der Geburt ihres ersten Bruders war sie in dem Moment ins Zimmer gekommen, als ihn mein Mann aufgefangen hat).
Kurz nach 7 Uhr wurde Erik abgenabelt und kuschelte sich zu meinem Mann, damit ich die Plazenta gebären konnte. Die Plazenta habe ich daraufhin um 7:15 Uhr nach dem ersten Stillen problemlos mit etwas Drücken in der tiefen Hocke geboren. Um 8:25 Uhr erfolgte dann die U1 für Erik. Während Erik anschließend genüsslich an meiner Brust getrunken hat und die Hebammen alles verräumt und ihre Papiere ausgefüllt haben, hat mein Mann Brötchen geholt. Um 8:40 Uhr haben wir uns dann alle gemeinsam bei einem Frühstück im Schlafzimmer gestärkt. Nach dem obligatorischen Toilettengang haben sich meine Hebammen dann kurz nach 9 Uhr verabschiedet.
Insgesamt war es eine wunderschöne und auch sehr schnelle Geburt. Von meinen Erfahrungen her wusste ich, dass es wichtig ist, über diesen einen sehr schmerzhaften Punkt im Geburtsverlauf hinüberzugehen und sich nach ‚unten‘ zu öffnen und dorthin zu atmen. Bei meiner ersten Geburt habe ich sehr lange für die Austreibungsphase gebraucht und lag mehrere Stunden in den Presswehen, da ich damals noch nicht bereit war, das Kind auch mental herzugeben und über diese ‚Schwelle‘ des Schmerzes zu gehen. Bei den beiden weiteren Geburten war natürlich schon der Weg vorbereitet, aber ich wusste auch, dass ich, sobald der Muttermund geöffnet war, aktiv über diese Schmerzschwelle gehen konnte und dann schon bald die Kinder gebären konnte.
Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich mich schon von Anfang an für die natürliche Geburt entschieden habe und es auch dreimal geglückt ist, meine Kinder in dieser gemütlichen und stressfreien Atmosphäre zu gebären. Natürlich habe ich mich (während der Geburt meiner ersten Tochter) gelegentlich verflucht, freiwillig auf Schmerzmittel zu verzichten, war dann aber unendlich froh und stolz, alles ‚alleine‘ geschafft zu haben. Eine meiner Hebammen hat die Geburt passenderweise mit Bergsteigen verglichen: Man hat mehrere Möglichkeiten, einen Berg zu ersteigen. Man kann den Lift nehmen (mit PDA etc.) oder zu Fuß (ohne Schmerzmittel) den hohen Berg erklimmen. Jedes Mal hat man die gleiche Aussicht. Aber man genießt die Aussicht natürlich noch viel mehr und tankt viel Selbstbewusstsein, wenn man den ganzen Weg alleine hinaufgelaufen ist. (Trotzdem ist es aus meiner Sicht beruhigend zu wissen, dass es auch die Möglichkeit gibt, den Lift zu nehmen, wenn einem auf dem halben Weg die Puste ausgeht. Aus diesem Grund habe ich mich auch nicht zu sehr auf eine Hausgeburt versteift, sondern darauf vertraut, dass das Kind sich den für es besten Weg wählt. Sollte es also anders kommen, als man eigentlich möchte, ist es gut und wichtig, dass es auch das Krankenhaus als Entbindungsort gibt.)
Ich habe mich für die Hausgeburt entschieden, da ich die Geburt meiner Kinder aktiv selbst in die Hand nehmen wollte und mich nicht als Patientin ‚entbinden‘ lassen wollte. Gebären ist keine Krankheit und die eher negative Sicht im Krankenhaus hat mir nie gefallen. Dort ist man in seiner Freiheit sehr eingeschränkt (die Herztöne werden ständig überwacht; ein Venenzugang wird vorsorglich für alle Fälle gelegt; man darf sich nicht frei bewegen, sondern ist Patientin). Zu Hause sieht man der Geburt positiv entgegen, man ist Hausherrin, die Hebammen sind gerngesehene Gäste, aber man kann frei entscheiden und ist in seiner gewohnten Umgebung. Es ist alles sehr stressfrei und man kann sich in seinem eigenen Bett ausruhen und muss auch nicht mit Wehen in ein Auto steigen. Wirklich toll bei einer Hausgeburt ist außerdem – im Gegenteil zum Krankenhaus – die 1:1 Betreuung. In meinem Fall waren bei allen Geburten zwei oder sogar drei mir vertraute Hebammen bei mir!
Ich bin froh, dass es heute alle Möglichkeiten gibt und jede Frau die Wahlfreiheit hat, wo sie entbinden möchte, möchte aber auf diesem Wege alle ermutigen, sich zu trauen, daheim oder im Geburtshaus zu entbinden und sich damit aktiv für eine selbstgesteuerte Geburt zu entscheiden. Meine Geburtshaus- und Hausgeburten haben mein Selbstvertrauen und meine Gelassenheit gestärkt und mir gezeigt, dass es sich lohnt, den eigenen Weg zu gehen und positiv an Dinge heranzugehen.
Ein paar Worte noch zur Anwesenheit der großen Geschwister: Anfangs war ich unsicher, ob es gut sein würde (für die Kinder und hinsichtlich der Entspanntheit im Geburtsverlauf), wenn die großen Kinder während der Geburt in der Wohnung oder sogar im Geburtszimmer wären. Aber schon bei der Geburt von Eriks Bruder hat es sich gezeigt, dass die Planung und Umsetzung eines Fortbringens oder Abholenlassens zu jeder möglichen Tages- und Nachtzeit viel Stress bedeutet. Im Rückblick kann ich sagen, dass es gut war, die großen Geschwister in der Nähe zu haben und es war auch für die beiden eine wertvolle Erfahrung und Bereicherung; trotzdem finde ich es sinnvoll, für den Fall eines weniger entspannten Geburtsverlaufs eine Betreuungsmöglichkeit zu organisieren.
Mit den besten Wünschen für Eure Geburt,
Die Eltern von Erik