Mein Geburtsbericht – Finn
wir sind wieder schwanger – zum zweiten Mal. Wir freuen uns riesig und sind uns sofort einig, dass auch diese Geburt wieder im Geburtshaus stattfinden soll. Also melde ich die Schwangerschaft und den Wunsch auf einen Platz im Geburtshaus per E-Mail an Natalie. Ziemlich schnell bekomme ich eine Rückmeldung und auch die Hebamme genannt, mit der ich mich für einen Termin in Verbindung setzen soll.
Im ersten Gespräch sind wir bei vielen Dingen schnell fertig, da wir fast „alles“ bereits von unserer ersten Geburt 2020 kennen und unsere eigenen Vorstellungen ziemlich die gleichen geblieben sind. Auf die Frage warum wir keine Hausgeburt in Betracht ziehen, konnten wir nicht direkt antworten. Es fallen Sätze wie, wir haben uns hier im GH sehr wohl gefühlt, damals war eine Wassergeburt geplant (was es dann gar nicht wurde) und dass wir bedenken haben, wie unsere 2 ½ jährige Tochter das Ereignis erleben würde. Unsere Befürchtung, dass es ein Negativerlebnis für unser erstes Kind wird, wurde ziemlich schnell glaubhaft ausgeredet. Also entscheiden wir uns für eine Hausgeburt – bzw. bekommen auch noch Bedenkzeit, haben uns aber bereits entschieden.
Die Vorsorgen fanden größtenteils zu Hause statt. So konnten sich Inna und Silke (unsere beiden Hebammen in Rufbereitschaft) auch von daheim ein Bild machen und finden uns in unserer gewohnten Umgebung vor. Unsere Tochter kann sich zudem auch an die neuen Gesichter gewöhnen und bekommt neben dem sichtlich wachsenden Bauch auch alles andere mit und kann bei den Untersuchungen auch die Herztöne vom Bruder hören oder zuschauen wir Mama Akupunktur bekommt. Mit den Worten „Inna kommt, Nadeln ins Bein, damit Bruder besser flutscht“ amüsiert sie uns alle sehr. Inzwischen sind wir uns über den Namen einig. Er soll Finn Alexander heißen.
Einige Tage vor der Geburt, stelle ich v.a. abends ganz deutliche Senkwehen fest und auch mein kleiner Bauchbewohner lässt mir nun wieder mehr Platz zum Atmen und Essen. 2 Tage vor Geburt geht mir der große Schleimpfropf ab, der andeutet, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird. Am Folgetag stelle ich immer wieder weiteren Schleim fest. Leider sind die Nächte kurz vor der Geburt bei unserer älteren Tochter nicht so gut, sodass wir erst spät am Abend ins Bett gehen. Kurz nach Mitternacht spüre ich sehr deutlich eine erste leichte Welle. Ich warte ab, ob und wann sich eine zweite Welle ankündigt. Tatsächlich kommt die nächste nach etwa 15 Minuten, dieser Rhythmus bleibt die nächsten Wellen über ziemlich ähnlich. Ich wecke meinen Mann und informiere ihn über die Situation. Zusammen bereiten wir das Wohnzimmer, in dem unser Sohn geboren werden soll, vor. Wir legen entsprechend Decken und Betteinlagen bzw. Wickelunterlagen zurecht und mein Mann feuert den Kamin an. Noch etwas zu Trinken und zu Knabbern, dann schicke ich meinen Mann erstmal wieder zurück ins Bett. Es wird wohl noch ein bisschen dauern und dann hat zumindest einer ein bisschen geschlafen.
Ich nehme die Wellen wie bereits bei der ersten Geburt mit tiefer Bauchatmung in Empfang. Ich versuche so lange auszuatmen, wie die Welle andauert. Zwischendrin mache ich immer wieder kurze Schläfchen, um Energie zu tanken. Das alles tracke ich mit der AOK SchwangerschaftsApp, um die Abstände und Dauer der Wellen zu dokumentieren. Um 3 Uhr wecke ich meinen Mann, da es mir jetzt nicht mehr möglich ist die Wellen selbst mit meiner App zu tracken, da sie jetzt regelmäßig und intensiver werden. Im Gegensatz zur ersten Geburt verspüre ich dieses mal starke Rückenschmerzen bei den Wellen. Das schiebe ich darauf, dass ich mich dieses mal weniger mit Trancen und Entspannungsübungen auf die Geburt vorbereitet habe als das letzte mal. Zudem haben mein Mann und ich mehr Zweisamkeit genossen und diese mit Entspannungs- und Kreuzbeinmassagen gefüllt.
Zu dem Zeitpunkt, als mein Mann dazu kommt, töne ich bei jeder Welle. Mein Mann übernimmt das Tracken der Wellen und stellt schnell fest, dass sie einen regelmäßigen Rhythmus angenommen haben und alle 3 Minuten 50 Sekunden andauern. Jetzt ist der Zeitpunkt um Silke, die heute mit der Bereitschaft dran ist, anzurufen. Sie muss von Mössingen nach Rommelsbach fahren und ist gegen 3:50 Uhr dann da. In dieser Zeit habe ich weiter fleißig Wellen veratmet und getönt. Silke ist ganz entspannt und bemerkt, dass ich die Situation prima im Griff habe. Sie bereitet in dieser Zeit Unterlagen vor und legt alles Notwendige für den Empfang unseres Babys bereit.
Bald nach ihrer Ankunft fragt Silke, ob sie nach meinem Muttermund schauen soll. Es sind 8 cm. Ich spüre bereits einen starken Druck nach unten. Es dauert nicht lange, da platzt die Fruchtblase. Ich befinde mich die meiste Zeit in der tiefen Hocke, wie es für mich bereits bei der ersten Geburt am besten war. Ein Teil des Fruchtwassers läuft unter die Couch, mein Mann legt Handtücher aus.
Wenige Wellen später, merke ich wie ich mein Tönen intensivieren muss. Ich positioniere mich etwas um, mein Mann nimmt auf der Couch hinter mir Platz und hakt sich bei mir ein. Ich bin in der tiefen Hocke den Rücken ihm zugewandt. Dann merke ich wie sich der Druck zwischen meinen Beinen dermaßen erhöht, dass ich die tiefe Atmung und das lange Tönen zurücknehmen muss. In der Zwischenzeit, ca. 10 Minuten bevor Finn zur Welt kommt, kommt Anja als zweite Hebamme dazu. Silke kann schon das Köpfchen mit Haaren sehen. Ich fühle selbst und sehe bereits die Zielgerade. Der Rest geht plötzlich so schnell. Obwohl die Welle beendet ist, scheint der Kleine weiterzudrücken und ich kann nicht anders als weiterzutönen und tief zu atmen. Mit der einen Welle ist das Köpfchen plötzlich da. Er schaut wohl schon ganz interessiert im Raum herum, so wie ich es von Silke und Anja vernehme. Wie in den meisten Fällen hat auch er die Nabelschnur einmal um den Hals. Silke massiert mir etwas den Bauch, um die nächste Wehe schneller auszulösen. Mit der nächsten Welle erblickt unser Finn das Licht der Welt. Ich kann mich direkt auf die Couch zurücklegen und den Kleinen zu mir an die Brust nehmen.
Die Plazenta lässt nicht allzu lang auf sich warten und kommt vollständig und komplikationslos auf die Welt. Erfreut stellen wir fest, dass ich keine nennenswerte Geburtsverletzungen habe und demnach kein Nähen erforderlich ist.
Nach der U1 machen sich Silke und Anja bereit zur Abfahrt. Gegen 7 Uhr sind die beiden weg. Nur 10 Minuten danach taucht unsere Tochter Fenja auf, die den ganzen Tumult verschlafen hat. Sie sieht ihren Bruder Finn und ist sichtlich irritiert, wie jetzt so schnell ein Bruder da sein kann. Ab jetzt sind wir also zu viert – wir sind schon sehr auf diese gemeinsame Zeit gespannt.