Ich beginne mal deinen Geburtsbericht mit den ersten Anzeichen der Geburt –
Mein Muttermund war bereits am 16. Dezember 2022 leicht geöffnet. Zu dieser Zeit hieß es noch hoffen, dass du noch ein paar Tage bis zur Rufbereitschaft warten würdest. Bis Silvester gab es immer wieder Stunden der Wehen; auch an Silvester, sie wurden regelmäßiger und stärker, um dann am Neujahrsmorgen wieder zu verschwinden. Solche Tage und auch Nächte gab es in den nächsten Wochen regelmäßig, was mich sehr auslaugte. Meine Energie und mein Körpergewicht schwindeten immer mehr. Mein Glaube daran, dass du dich jemals außerhalb meines Körpers befinden würdest, ebenfalls. Die Wehen waren mein ständiger Begleiter. Sie variierten von alle 5min bis zu 20min Abstand und der Muttermund war bei 3-4cm. Eine der Folgen war, dass ich Theresa, Chris und Mami gut bei Laune hielt. Am 11. Januar 2023 hatte ich dann einen Termin mit Theresa. Und Inna, die auch im Haus war, meinte, dass du bestimmt am Wochenende kommst, wenn sie Dienst habe. Um dich näher kennenzulernen haben wir an deinem ET (am Freitag den 13.) noch eine Vorsorge mit Inna gemacht. Sie blieb weiterhin der Auffassung, dass du am Wochenende kommen würdest, aber nicht am Samstagvormittag, da sie noch einen Frisörtermin habe. Die Nacht war dann tatsächlich wieder schlimm, aber aus meiner Erfahrung ging ich davon aus, dass die Wehen am Morgen verschwunden sein würden. Diesmal jedoch nicht und ich beschäftigte mich in der Wohnung bis alle wach waren. Inna schrieb ich eine Nachricht und sie rief gegen 9Uhr an, um zu klären ob der Frisör noch drin für sie ist. Mami hat telefonieren müssen, denn sprechen konnte ich nur noch zwischen den Wehen. Aber ich meinte, du wirst sicher nicht kommen und schon gar nicht wenn die Hebamme nicht ordentlich frisiert wäre. Inna kontaktierte uns regelmäßig und fragte ob alles in Ordnung sei und begab sich nach ihrem Termin direkt ins Geburtshaus, um dort auf uns zu warten. Da hab ich mich schon schlecht gefühlt, weil ich auch dann noch davon ausging, dass die Wehen sicher auch wieder aufhören werden und Inna ihren Samstag umsonst im Geburtshaus rumsitzen wird. Mami wurde indessen immer nervöser und fragte ständig ob wir jetzt fahren. Und so tat ich ihr den Gefallen und wir fuhren um 14Uhr los. Wir waren nach 10min da und dabei hatte ich 4 Wehen was im Auto deutlich unangenehmer war. Im GH angekommen war alles entspannt. Ich saß, hockte, lag, lief und stand und plötzlich wurde es schon wieder dunkel. Inna hat deine Herztöne immer wieder kontrolliert, Musik gehört und war da, ohne da zu sein. Gegen 19Uhr bin ich in die Wanne und der Muttermund war 2cm offen. Die Wehen waren heftig, aber ineffektiv. Mit meinem Einverständnis versuchte Inna den Muttermund daraufhin zweimal mit der Hand unter den Wehen zu weiten. Das war fast so effektiv wie unglaublich schmerzhaft. Immerhin war er dann bei 7cm. Nach einer Weile legte ich mich ins Bett, um ein wenig Kraft zu schöpfen. Nun hast du allerdings beschlossen zwischen den Wehen zusätzlich kräftig mitzuarbeiten und dich gestreckt und getreten, wodurch ich gar nicht mehr zur Ruhe kam. In der Zeit kam dann auch Maike, was ich nur durch die Scheinwerfer auf dem Parkplatz bemerkt habe. Inna machte einen so beschäftigten Eindruck, als ob sie denken würde, dass du bald kommen würdest. Schließlich hatte sie bei unserer Ankunft gemeint, dass wir heute ein Baby bekommen werden.
Inna untersuchte gegen 22Uhr nochmal den Muttermund und ihr Blick sprach soviel mehr als ihre Worte. Sie sagte, dass wir wieder bei 2cm sind. Also versuchten wir nochmal den Muttermund aufzudehnen. Der Erfolg blieb aus. Ihr war anzusehen, dass etwas nicht stimmte und als sie draußen war, sagte ich dies noch zu Mami. Als sie wieder kam bestätigte sich was ich zuvor sagte, Inna zog das erste Mal eine Verlegung in Erwägung. Doch erstmal entschieden wir, zu bleiben und abzuwarten.
Um halb eins nachts haben wir uns dann auf den Weg in die UKT gemacht, da sich der Muttermund weiterhin nicht öffnen wollte. Bei unserem Nachgespräch meinte Inna, dass du mit deinem Kopf Dinge veranstaltet hattest, die sie sich in dem Moment nicht erklären konnte und bisher auch nicht bei anderen gesehen hatte.
Inna hat uns in die Klinik gefahren und uns bis in den Kreißsaal begleitet.
Die Autofahrt war die Hölle und weiter als bis in die UKT hätte ich es nicht mehr geschafft und du wärst in einer Winternacht am Straßenrand auf die Welt gekommen. Das Gute an der Fahrt: Inna war sehr bemüht unser Auto durch jedes Schlagloch zu manövrieren, dass bei der Ankunft der Muttermund dann vollständig offen war.
Die Hebamme in der Klinik meinte eine Verlegung sei immer ganz besonders herausfordernd. Wären wir direkt in die Klinik gegangen, dann hätten wir diese Zeit womöglich gar nicht als schlimm empfunden. Die Verlegung aus dem Geburtshaus in die Klinik ist wohl deswegen so anstrengend und dramatisch, weil wir erleben durften wie schön eine Geburt im Geburtshaus sein kann. Da erscheint es völlig paradox, sich plötzlich in einem klinischen Umfeld wieder finden zu müssen.
Die vielen vielen Stunden mit Inna im Geburtshaus waren geprägt von Sicherheit, Respekt, Geborgenheit und Ruhe. Ich würde dies unter keinen Umständen eintauschen wollen. Es war unglaublich anstrengend und schmerzhaft, aber es hat sich nie so angefühlt als ob irgendwas falsch laufen würde. In der Klinik war kontinuierlich eine Atmosphäre der Krise. Es war laut, hell, hektisch, übergriffig, respektlos und so vieles mehr was so gar nicht zu einer Geburt zu passen scheint, alles was wir in den Monaten im Geburtshaus nie erlebt hatten. Naja, das Laut vielleicht schon. Es war die Herausforderung mit der wir klarkommen mussten. Und das taten wir dann auch. In der Klinik ging dann alles ganz schnell. Die Hebamme stach die Fruchtblase auf und ich presste viermal und du warst ganz bei uns. Leider nur für ein paar Sekunden, die du dich auf mir ausruhen konntest, aber Sekunden die ich gegen nichts eintauschen wollen würde. Ich habe es mir anders für uns alle gewünscht und es ist sehr schade, dass weder du noch ich diese Maßnahmen gebraucht haben und dadurch deine Geburt auf den letzten Metern eine unschöne Wendung genommen hat. Auch dass wir im Nachhinein wissen, dass du auch im Geburtshaus problemlos hättest geboren werden können. Aber es ist schön zu wissen, dass Inna die Situation unter Kontrolle hatte und uns verlegt hat, bevor ein kritischer Zustand entstehen konnte und gleichzeitig gab sie uns genug Zeit und hat uns unterstützt, sodass keine Eingriffe in Betracht gezogen werden mussten und ich dich gebären konnte. Wir würden es jederzeit genauso machen und sind dem Schicksal sehr dankbar, dass es uns Inna zur Geburt geschickt hat.