Der Bericht einer Freundin über die Geburt ihres Kindes im Geburtshaus hatte uns angesprochen, sodass wir uns ebenfalls eine außerklinische Geburt überlegten. Über das Geburtshaus kamen wir in Kontakt mit Chris. Sie hat uns die gesamte Schwangerschaft über in Kombination mit dem Frauenarzt in Vorsorgen begleitet. Wir haben es sehr geschätzt, dass sie Zeit mitbrachte uns viel zu erklären und unsere Fragen zu beantworten. Auch empfanden wir das Selbstverständnis als sehr schön, dass Schwangerschaft und Geburt nicht nur Mutter und Kind betreffen, sondern, dass auch der Vater daran teil hat.
Nach den manchmal langen und manchmal kurz erscheinenden 9 spannenden Monaten steht am Entbindungstermin eine Vorsorge beim Frauenarzt an. Noch deutet nichts auf eine baldige Geburt hin. Gut, unser Kind hat ja auch noch 2 Wochen Zeit. Dennoch heißt es für mich zu schauen, wie ich die nächsten Tage gestalten möchte. Ich hatte noch Freunde besucht, die etwas weiter weg wohnen und sonst alles erledigt, was ich vor der Geburt noch abschließen wollte. Es bleibt mir nun Zeit einen ganzen Tag ein Buch zu lesen, kleinere Fahrradtouren durch den beginnenden Frühling zu machen, Freundinnen kommen nochmal vorbei…
Die Spannung steigt. Immer wieder lausche ich in mich hinein, ob ich nicht doch irgendwann Zeichen einer bevorstehenden Geburt spüren kann. Aber alles bleibt „ruhig“. Als Chris an ET+7 noch einmal eine Untersuchung durchführt, die auch kein anderes Ergebnis liefert, als die des Arztes 7 Tage vorher, bin ich sehr enttäuscht. Wir freuen uns auf eine Geburt zu Hause, alles ist eigentlich bereit, nur das Kind findet es bei mir wohl noch sehr gemütlich. Innerlich habe ich das Gefühl, dass uns die Zeit für die Hausgeburt davon läuft, die eben nur bis ET+14 möglich ist. Dass noch 7 Tage Zeit sind, fällt mir schwer zu sehen.
Chris macht verschiedene Vorschläge, wie wir den Geburtsprozess vorsichtig anstoßen könnten. Es tut gut, dass sie uns durch die Tage des Wartens begleitet, regelmäßig vorbei kommt und Vorsorgen und Mut macht.
Thomas und ich beschließen, dass es uns gut tun würde, das Wochenende noch mal wegzufahren, um auf etwas andere Gedanken zu kommen. Wir können bei wunderschönem Wetter die Krokusblüte im Schwarzwald genießen und machen noch kleine Wanderungen durch den Frühling. Dennoch ganz lässt uns die bevorstehende Geburt, nicht los: Das „was wäre wenn, doch eine Einleitung nötig ist“ beschäftigt mich. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich kann mir die Klinik unter diesen Umständen nicht wirklich vorstellen. Obwohl natürlich klar war, dass sich unter der Geburt eine Situation ergeben kann, die eine Verlegung nötig macht. Nach dem Wochenende bin ich innerlich etwas offener für den „Fall aller Fälle“.
In der Nacht von Sonntag auf Montag spüre ich das erste Mal leichte Wehen, schöpfe Hoffnung und freue mich. Richtige Geburtswehen werden aber leider nicht daraus. Wir warten weiter.
Am Mittwochmorgen setzten endlich leichte Wehen ein. Mittags habe ich einen Blasensprung – die Wehen schwächen sich aber wieder ab. Chris kommt am Nachmittag noch mal vorbei. Wir schreiben ein CTG. Immerhin, dem Kind geht es gut. Aber gebären werde ich es so nicht – wir warten weiter.
Abends nehme ich noch ein Bad. Vielleicht hilft das ja. Immerhin kann ich dann damit vielleicht etwas entspannen. Im Wohnzimmer ist alles bereit. Der Birthpool steht, die Couch ist ausgeklappt, das Kind kann kommen. Die Wehen kommen und verschwinden wieder.
Um 0:30 Uhr fühle ich mich nicht wohl. Wir rufen Chris an. Sie kommt vorbei und untersucht mich. Es ist alles ok – mit mir und dem Kind. Mit Mineralwasser stoßen wir auf meinen Geburtstag an – den hatte ich vergessen, schön dass Chris mich daran erinnert. Wir vereinbaren, dass Chris am nächsten Morgen um 9:00 Uhr wieder vorbei kommt.
Gegen Morgen schlafe ich kurz ein. Zum Frühstück bekomme ich wieder leichte, aber regelmäßigere Wehen. Als Chris um 9:00 Uhr kommt, haben sich die Wehen aber immer noch nicht verstärkt – der Geburtsprozess kommt nicht in den Gang, der Muttermund öffnet sich nicht. Chris rät zu einer Verlegung in die Klinik. Eigentlich hatte ich mir die Geburt zu Hause gewünscht, aber ich sehe, dass es nicht vorwärtsgeht. Eine der Bedingungen für eine Hausgeburt war eben auch, dass der Geburtsprozess nach einem Blasensprung innerhalb von 24 h voll in Gang gekommen sein muss. Davon bin ich aber noch weit entfernt. Ich kann die Verlegung annehmen, auch wenn es wehtut und wir es uns anders gewünscht hatten. Wir haben es zu Hause probiert und es hat sich herausgestellt, dass dies für diese Geburt nicht der optimale Ort ist. Aber es tut gut, die Begleitung durch Chris zu haben. Chris meldet uns in der Klinik an und gibt uns noch einen Überweisungsbrief mit Infos für die dortigen Hebammen und Ärzte mit. Ich packe die letzten Sachen in meine Kliniktasche und bin dankbar ein paar Tage zuvor mit einer Freundin gesprochen zu haben, die mir noch Tipps gegeben hat, womit ich mit den Klinikaufenthalt schöner gestalten könnte.
Um ca. 11 Uhr treffen wir in der Klinik ein. Die Untersuchung ergibt, dass so weit alles ok ist, nur der Muttermundsbefund ist, trotz inzwischen verstärkten Wehen, ernüchternd wie zuvor. Ich bin der Ärztin und den Hebammen aber dankbar, dass bevor eine medikamentöse Einleitung begonnen wird, meinem Körper erst mal durch natürliche Methoden auf die Sprünge geholfen werden soll. Endlich am Nachmittag spüre ich, dass die Wehen an Kraft und Frequenz zunehmen. Ich versuche mich nach der kurzen Nacht noch mal auszuruhen und auch Thomas bekommt ein Papa-Bett. Als die Wehen weiterzunehmen und ich nicht mehr schlafen kann, gehen wir eine Runde bei warmem Sonnenschein durch den Klinikgarten. Um 18 Uhr hat sich der Muttermund leicht geöffnet – ich freue mich und der Befund motiviert mich. Die Wehen werden nun immer stärker.
Ein Bad hilft zwischen den Wehen besser zu entspannen. Ich spüre, wie das Kind seinen Weg durch das Becken findet und die Kraft, die in den Kontraktionen liegt. Als sich der Muttermund aber um 21:00 Uhr noch nicht weiter geöffnet ist als drei Stunden zu vor, bekomme ich ein entkrampfendes Medikament. Etwas später öffnet die Ärztin noch die Vorblase, um den Druck zu erhöhen. Jetzt erst öffnet sich der Muttermund. Die Wehen kommen häufig und sind kräftig. Nach weiteren zwei Stunden kräftiger Kontraktionen habe ich das Gefühl, am Ende meiner Kräfte zu sein. Die Ärztin bietet mir eine PDA an. Eigentlich wollte ich nie eine haben und nur die Tatsache, dass es ca. eine halbe Stunde dauern wird, bis sie wirkt, lässt mich zögern. Dieses Zögern spüren die Ärztin und die Hebamme, sie motivieren mich weiter zu machen und unterstützen mich im Geburtsprozess. Als das Köpfchen zu sehen ist, motiviert mich das. Es zu erfühlen habe ich keine Kraft mehr. Um 23:49 Uhr wird unsere Tochter geboren – gerade noch rechtzeitig, dass wir beide nun den gleichen Geburtstag haben. Erschöpft und glücklich halte ich das kleine Geschöpf im Arm.
Unser Dank gilt Chris, die uns durch die Schwangerschaft und jetzt auch in der Zeit danach begleitet (hat). Danke, dass du uns in den 2 langen Wochen des Wartens motiviert und Mut gemacht hast. Dass du unseren Weg durch unsere Schwangerschaft mitgegangen bist und uns bestärkt hast unseren Weg zugehen, unsere Entscheidungen zu treffen.
Herrn Dr. Marmé danke ich für die gute Begleitung von ärztlicher Seite und die Möglichkeit einer geteilten Vorsorge zwischen Arzt und Hebamme.
Danke sagen möchte ich auch dem Team der Filderklinik, die mich dann während der Geburt unterstützt und begleitet haben. Die mir und meinem Körper größtmöglichen Freiraum gelassen und nur dort unterstützt haben, wo Unterstützung nötig war.