Jonathan Vitus ist unser erstes Kind und ich war bereits 42 Jahre alt. Die Schwangerschaft verlief jedoch völlig unkompliziert und mir ging es prima.
Am Anfang der Schwangerschaft stand für mich fest, dass ich im Krankenhaus entbinden werde. Ich habe das nicht groß infrage gestellt. Ich hatte zwar bereits von der Möglichkeit des Geburtshauses gelesen, aber nicht weiter darüber nachgedacht. Ich hatte zu viel Respekt vor der Geburt, etwaigen Komplikationen und die Möglichkeit eines z.B. Notkaiserschnittes oder PDA klang für mich beruhigend.
Im Laufe der Schwangerschaft hab ich viele Geburtsberichte gelesen und immer mehr wurde mir bewusst: Für mich wird es am Wichtigsten sein, dass ich loslassen und entspannen kann. Und jemanden an meiner Seite habe, dem ich vertraue. Das A und O schien die Begleitung zu sein, die keinen Druck macht, nichts versucht zu erzwingen, mir eine Stütze ist und mir meine Selbstbestimmung lässt.
Ich zweifelte daran, dass mir ein Krankenhaus das bieten kann.
Daher habe ich mit meinem Mann Michael schließlich das Geburtshaus in Hagelloch besucht.
Bereits nach dem ersten Gespräch mit „unserer“ Hebamme Eva war klar, dass ich dort richtig bin. Wir hatten so ein gutes Gefühl. Ich wusste, das ist die richtige Entscheidung. In solch einer schönen Atmosphäre sollte unser Sohn zur Welt kommen. Eva hatte sofort unser Vertrauen gewonnen. Michael war sehr überrascht. Er fand die Idee des Geburtshauses toll, hätte jedoch nie gedacht, dass ich mich dafür entscheiden würde.
11 Tage vor dem errechneten Geburtstermin musste ich früh morgens (wie so oft die Wochen davor) auf die Toilette. Nur dieses Mal hörte es nicht auf zu tröpfeln. Nanu, sollte das etwas Fruchtwasser sein? So richtig wollte ich es nicht glauben, da ich mir für die letzten Tage noch viel vorgenommen hatte (nochmals zum Friseur, chic essen gehen, Freunde treffen usw.)
Michael fuhr zur Apotheke, um Lackmusstreifen zu kaufen. Der Streifen färbte sich blau. Okay, es schien loszugehen. Um 8 Uhr mein erster Anruf bei Chris. Sie meinte, ich solle den Tag ganz entspannt angehen, vielleicht noch einen leckeren Kuchen backen und mich gegen 14 Uhr nochmals melden, falls sich vorher nix ergeben würde. Gesagt, getan. Erstmal haben wir gemütlich gefrühstückt, von Wehen keine Spur. Kuchen backen hatte ich keine Lust (ich kann es auch gar nicht…), aber vielleicht noch schnell zum Friseur? Keine Ahnung warum, aber das war mir wichtig und beinah schon eine fixe Idee.
Gegen 10.30 Uhr bemerkte ich dann doch ein leichtes Ziehen im Rücken, das sich immer mehr verstärkte. Michael war in der Zwischenzeit zu seiner Arbeitsstelle gefahren, um letzte Dinge vor dem Elternurlaub zu organisieren. Da es immer heißt, bei Erstgebärenden dauert es Stunden, hatten wir auch keine Eile an den Tag gelegt. Es ging mir immer noch gut. Noch schnell Wäsche aus dem Trockner geholt, aufgeräumt, Telefonate erledigt, alles kein Problem. Ich rechnete nicht vor 14 Uhr mit stärkeren Wehen.
Gegen 12 Uhr wurden die Wehen nun doch heftiger und ich beschloss, unter die Dusche zu gehen. Das tat richtig gut. Nach dem Haare waschen noch schnell die Zähne geputzt und dann: GING ES LOS. Und zwar wie im Sturm. Die Wehe kam so heftig und überraschend, dass mir vor Schreck die Zahnbürste ins Waschbecken fiel. Leichte Panik machte sich breit. Sollten das etwa die Eröffnungswehen sein, die sich dann noch im Laufe der Zeit steigern? Hilfe, das würde ich nie und nimmer stundelang durchhalten!
Michael war noch nicht wieder zu Hause. Schnell bei Eva anrufen. Sie meinte, dass wir uns jetzt doch besser auf den Weg ins Geburtshaus machen sollten. Mein Mann machte sich auf den Heimweg, sollte aber noch eine Viertelstunde dauern. Die Wehen wurden immer heftiger; ich spürte schon einen Druck nach unten. Wie sollte ich so noch in ein Auto sitzen?
Wieder ein Anruf bei Eva. Sie beruhigte mich und schickte Silke, die bei uns in der Nähe wohnt, vorbei. Gott sei Dank! Ein paar Minuten später – kurz nach 13 Uhr – klingelt es an der Tür und Silke stand da. Ich war erleichtert. Kaum im Wohnzimmer angekommen, hing ich ihr schon am Hals und veratmete die nächste Wehe.
Mein Muttermund war tatsächlich bereits komplett offen. Und ich wollte zwei Stunden vorher noch einen Friseurtermin ausmachen!
Nochmals ein paar Minuten später stand Michael im Wohnzimmer und meinte etwas verdattert: „Fahren wir jetzt zusammen ins Geburtshaus?“ Silke: „Nein wir bleiben hier. Das Kind kommt hier.“
Wieder ein paar Minuten später war Eva eingetroffen, die als erste Hebamme die Regie übernahm.
Anfangs fiel es mir noch schwer, den Anweisungen zu folgen, aber mit jeder Wehe klappte es besser.
Ich wusste, dass ich gut aufgehoben bin und Eva genau weiß, was zu tun ist und mir gut tut. Silke hat im Hintergrund assistiert und Protokoll geschrieben. Michael war die ganze Zeit bei mir und unterstützte mich, wo er konnte.
Eineinhalb Stunden nach Ankunft aller helfenden Engel, mit wechselnden Geburtspositionen, zwischenzeitlichem „Ich schaff das nicht“, kommt unser Jonathan auf dem Sofa im Wohnzimmer zur Welt. Es ist 14.29 Uhr, die Sonne scheint durchs Fenster und wir können es nicht fassen.
Es war eine sehr rasche Spontangeburt, ohne große Geburtsverletzungen. Außer einem kleinen Riss, der mit ein paar Stichen genäht wurde. Jonathan hatte während der Geburt super Herztöne und war wohl sehr entspannt. Er kam ganz rosig, putzmunter und kerngesund zur Welt.
Da die Geburt so unglaublich schnell ging, brauchte ich etwas länger, um alles zu begreifen. Es hat sich fast unwirklich angefühlt, nun bereits mein Kind im Arm zu halten. Ich war wirklich von den Ereignissen überrumpelt.
Michael hat die Nabelschnur durchgeschnitten, wir haben auf dem Sofa gekuschelt und noch alle zusammen einen Cappuccino getrunken.
Wir sind so unendlich dankbar über diese wunderbare Geburt sowie die Hilfe & Unterstützung dieses tollen Hebammenteams. Es war eine ganz ruhige Atmosphäre und wir sind sehr froh, dass wir Jonathan diesen Start ins Leben bei uns zu Hause ermöglichen konnten.
Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich mal eine Hausgeburt erleben würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt.
Ich weiß jedoch ganz bestimmt: Was Besseres hätte uns nicht passieren können.
Ein tief empfundenes Dankeschön für das Team vom Geburtshaus, allen voran Eva und Silke. Ihr macht eine so wertvolle Arbeit. Ich bin froh, dass ich den Mut hatte, diesen Weg zu gehen. Diese Erfahrung hat mich fürs Leben gestärkt.
Wir fühlen uns reich beschenkt, solch ein Glück gehabt zu haben.
Bianca & Michael mit Jonathan Vitus