Lea

Nach der Geburt unseres Sohnes im September 2018, die größtenteils ebenfalls im Geburtshaus stattfand schlussendlich aber in der Frauenklinik Tübingen endete, weil wir Unterstützung brauchten, war dieses Mal der Wunsch umso größer das zweite Kind tatsächlich dort zur Welt bringen zu dürfen.
Der berechnete Entbindungstermin war der 10. Dezember. Als wir gut zehn Tage über Termin waren und Lea immer noch keine echten Anstalten machte, das Licht der Welt erblicken zu wollen, entschieden wir uns sie mit einem Wehencocktail in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember zu motivieren die nächsten Schritte zu gehen. Obwohl die bisher eher zaghaften, unregelmäßigen Wehen dadurch etwa 6 Stunden später stärker wurden und wir uns mit Regina im Geburtshaus trafen in der Hoffnung es würde jetzt tatsächlich losgehen, blieb eine Regelmäßigkeit aus und die Wehen flauten wieder ab als ich im Geburtshaus in der Wanne lag. Also machten wir uns etwas enttäuscht auf den Heimweg.
Der folgende Tag brachte auch keine wirkliche Veränderung. Ich trank wehenfördernden Tee und machte Senfsamen-Fußbäder. Nach einem ausgedehnten Spaziergang holten wir dann unseren Sohn bei Oma ab, wo wir ihn vorsorglich untergebracht hatten und verbrachten den Resttag mit mehr oder weniger regelmäßigen Wehen, die etwa alle 8-10 Minuten kamen relativ entspannt zuhause. Als ich abends das Gefühl hatte, dass die Intensität der Wehen zunahm ließ ich mir warmes Wasser in die Wanne um zu sehen ob die Wehen wieder abflauten. Es war auch dieses Mal so, dass sie während des Badens weniger häufig und schwächer wurden.
Mit Regina hatten wir ausgemacht, dass wir in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember, dem letzten möglichen Tag für eine Geburt im Hebammenhaus (Tag 14 über ET), einen weiteren, letzten Versuch mit dem Wehencocktail machen wollten. Ich sollte den Cocktail nachts um 2 Uhr einnehmen und morgens um 9 Uhr zur obligatorischen Nachuntersuchung kommen. Dieses Mal hatten wir keinen Babysitter für unseren Sohn organisiert, da ich ja bereits in etwa wusste wie ich auf den Cocktail anspreche. Meine Wehen hatten sich bis zum Morgen auf einen etwa 5-minütigen Rhythmus eingependelt und waren zu veratmen aber weiterhin nicht zwingend. Hätten wir nicht bereits im Vorhinein die Nachuntersuchung im Geburtshaus vereinbart hätte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder bei Regina gemeldet.
Am Morgen brachten wir unseren Sohn dann wieder zur Oma damit mein Mann mit zur Untersuchung konnte. Wir hatten auch bereits schweren Herzens einen Termin zur Einleitung in der Filderklinik für den Morgen des 25. Dezember ausgemacht. Als wir im Geburtshaus ankamen untersuchte mich Regina und stellte fest, dass der Muttermund schon 7 Zentimeter weit geöffnet war. Sie meinte deshalb, dass wir bleiben und es uns im Geburtshaus gemütlich machen sollten. Immerhin schienen die Wehen, auch wenn sie nicht besonders schnell aufeinander folgten, effektiv zu sein. Die relativ langen Pausen zwischen den Wehen führten dazu, dass ich mich weiterhin total gut fühlte und noch keine Anzeichen von Erschöpfung hatte weshalb wir vom Geburtshaus aus einen Spaziergang machten, den wir aber aufgrund des ungemütlichen Wetters schnell wieder beendeten.
Nach den letzten, schon ein bisschen ernüchternden Tagen, konnte oder wollte ich mir nicht so wirklich vorstellen, dass sich Lea an diesem Tag noch auf den Weg zu uns machen würde um unseren Traum der Geburtshaus-Geburt wahrwerden zu lassen. Regina war die ganze Zeit über in unserer Nähe und total positiv was mir wirklich gut tat. Nach circa fünf Stunden, der quasi vollständigen Öffnung des Muttermundes aber weiterhin unveränderten Wehen im Abstand von 5 Minuten entschieden wir uns einen Schritt weiterzugehen und die Fruchtblase anzukratzen weil Lea’s Kopf zwar schon schön tief im Becken war aber der Druck offensichtlich nicht ausreichte um die Fruchtblase zum Platzen zu bringen. Regina informierte Silke, unsere zweite Geburtshebamme, über den Plan damit sie sich in Erwartung der Geburt auf den Weg machen konnte.
Von der ersten Geburt wusste ich wie heftig die Wehen werden können, wenn die Fruchtblase platzt weshalb ich etwas nervös war wie es dieses Mal laufen würde. Damals platzte die Blase zu Hause in der Badewanne. Zu einem Zeitpunkt an dem ich außer einem regelmäßigen Druckgefühl noch keine nennenswerten Wehen hatte, gefolgt von 10 Stunden heftigen und häufigen Wehen, die mir aber leider wie ich oben schon erwähnte nicht wirklich halfen das Kind durchs Becken zu schieben.
Mit dem Anrollen der nächsten Wehe legte ich mich also aufs Bett und Regina öffnete die Fruchtblase. Der Effekt war wie erwartet. Noch im Verlauf der Wehe, die ich als ziemlich heftig in Erinnerung habe, rutschte Lea, begleitet von Reginas Hand, fast komplett mit dem Kopf durchs Becken. Ich erinnere mich noch wie sie sagte: „Okay, Silke wird es zur Geburt nicht mehr schaffen aber das macht nichts.“ In dem Moment kam Silke in das Zimmer. Sie hatte sich glücklicherweise, als hätte sie es geahnt, schon etwas früher auf den Weg ins Hebammenhaus gemacht. Denn nur vier weitere Wehen und etwa 30 Minuten später, um 14.18 Uhr, war Lea dann tatsächlich endlich da und wir konnten sie überglücklich in den Armen halten. Mir ging es super und ich hatte keinerlei Verletzungen, weshalb wir zwei Stunden später wieder zu Hause waren, Pizza bestellten und diesen für uns so anderen, aber ganz besonderen Heiligabend zu dritt genossen. Am nächsten Vormittag kam unser Erstgeborener nach Hause und durfte seine kleine Schwester begrüßen.
Ich bin unglaublich glücklich und dankbar, dass wir dieses Geschenk der Geburt im Geburtshaus erleben durften und möchte mich an dieser Stelle nochmal von ganzem Herzen bei Regina Markwardt, Silke Weyreter und Julia Emmenecker für die liebevolle und professionelle Begleitung während der Schwangerschaft und Geburt bedanken. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal eine dieser Frauen sein würde, die die Geburt ihres Kindes als rundum wunderschön bezeichneten aber ich wurde eines Besseren belehrt.
Diese tolle Erfahrung nimmt mir auch im Nachhinein noch einen Teil der Enttäuschung über den etwas anderen Verlauf meiner ersten Geburt und ich kann allen Schwangeren nur ans Herz legen sich über die Möglichkeit einer Geburt im Geburtshaus zu informieren. Ich bin absolut der Überzeugung, dass die Atmosphäre in diesem tollen Haus dazu beiträgt eine möglichst schmerz- und angstfreie Geburt zu erleben.
Ich möchte außerdem einen weitere Empfehlung machen zu der mich auch Silke und Regina motivierten. Eine Freundin empfahl mir in der Schwangerschaft mit Lea den EpiNo Delphine, ein Beckenboden- und Geburtstrainer von TecSana zur Vorbeugung von Geburtsverletzungen anstelle der klassischen Dammmassage oder Ähnlichem. Er ist zwar nicht billig aber meiner Meinung nach das Geld absolut wert. Ich komme mir zwar ein bisschen komisch vor, wenn ich das Teil so anpreise aber weder sie noch ich haben irgendeine Art von Geburtsverletzung davongetragen und ich glaube fest daran, dass der Ballon daran „Schuld“ ist. Meine Kinder waren bei der Geburt exakt gleich groß und schwer und hatten einen regulären Kopfumfang. Bei meiner ersten Geburt, ohne Vorbereitung mit Ballon, hatte ich Verletzungen ersten Grades erlitten. In der Schweiz wird der Ballon, wie ich von einer weiteren überzeugten Freundin erfahren habe sogar wohl standardmäßig von den Frauenärzten zur Geburtsvorbereitung empfohlen. Vielleicht wollt ihr es auf einen Versuch ankommen lassen. 😊

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