Aaron Luca

Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll (nach Johann Wolfgang von Goethe).

Auf Aaron habe ich sehr lange gewartet. Er ist zwölf Tage vor dem errechneten Termin geboren, aber fast die gesamte Schwangerschaft ich habe mich nur danach gesehnt, ihn endlich in den Armen halten zu können – auch weil meine zweite Schwangerschaft sehr anstrengend war. Ich hatte mich dementsprechend sehr schnell hoch schwanger gefühlt und konnte nicht glauben, dass die Geburt noch gar nicht so bald sein würde. Vor allem die letzten Wochen waren schwer erträglich für mich. Am Tag der Geburt habe ich allerdings nicht mit ihm gerechnet.

Das Geburtshaus hatte uns meine Wochenbetthebamme empfohlen, nachdem ich ihr erzählt hatte, wie ich die Geburt meines ersten Sohnes in einer Klinik erlebt hatte. Erst zögerte ich. Als ich jedoch zu einem ersten Gespräch mit meiner Hebamme Catalina im Geburtshaus gewesen war, fühlte ich mich direkt aufgehoben und verstanden. Die Vorsorgen im Geburtshaus mit Catalina, Bettina und Antje waren für mich sehr kraftspendend. Ich freute mich auf mein nächstes Geburtserlebnis und war froh, die Hebammen bereits im Vorfeld zu kennen.

Die Geburt begann am späten Nachmittag mit Wehen. Da unser fast dreijähriger Sohn nach dem Abendessen bitterlich weinte, brachten mein Mann und ich ihn gemeinsam ins Bett. Ich nahm ihn in den Arm und musste ihn lange trösten. Vielleicht spürte er schon die Veränderung, die auf ihn zukommen würde, während ich mir weiterhin vormachte, es seien nur Übungswehen. Die Wehen waren nicht stärker geworden, aber sie ließen auch nicht nach. Kurz bevor wir selbst ins Bett gingen, hatten wir zum ersten Mal den vagen Gedanken, dass die Geburt los gehen könnte. Allerdings war der Beginn der letzten Geburt durch einen Blasensprung so eindeutig, dass ich nicht wusste, wie es sich anfühlen würde, wenn die Geburt „normal“ beginnt.

Die Wehen wurden stärker, ich wollte aber auf keinen Fall einen Fehlalarm auslösen. In einem meditativen Zustand bin ich sehr gut mit den Wehen zurechtgekommen. Mein Mann meinte, wir sollten Catalina anrufen, damit sie sich schon mal darauf einstellen könne, immerhin beginne die Nacht. Ich selbst nahm die Situation immer noch nicht ernst und sagte ihm, ich würde die Wehen tracken. Inzwischen musste ich die Wehen veratmen, kam aber weiterhin sehr gut zurecht. Um Mitternacht überredete mich mein Mann, Catalina anzurufen. Nach dem Telefonat war ich auch bereit anzuerkennen, dass unser Baby bald auf die Welt kommen würde. Nun warteten wir, bis die Wehen regelmäßiger wurden. Mein Mann trackte die Wehen, was mich mit der Zeit in der Verarbeitung meiner Wehen störte. Er sagte immer wieder sie seien sehr regelmäßig, während ich darauf bestand, dass die Wehen nicht sehr stark seien, das noch ewig so weiter gehen könne und ich kein Drama machen wolle. Irgendwann sagte er, dass ich hoch schwanger sei und Wehen habe, da könne man schon mal Drama machen. Ich wollte weiterhin nicht anrufen.

Irgendwann hat er zum Glück einfach entschieden, dass wir jetzt fahren und meine Eltern und Catalina angerufen. In dem Moment scheint mein Körper alles auf die tatsächliche Geburt umgestellt zu haben. Ich fand die Wehen plötzlich unerträglich, lag auf dem Boden vor unserem Bett, mir war furchtbar warm, der Boden war schön kühl. Mein Körper machte einfach. Im Nachhinein denke ich, dass ich so sehr im Flow war, dass ich einfach nicht mehr richtig mitbekommen habe, wie ernst es schon war und meinem Mann dadurch vermittelt habe, ich komme klar. Und das bin ich ja auch bis zu dem Moment, als wir entschieden hatten, loszufahren. Meine Eltern waren 15 Minuten nach dem Anruf da um für unseren Sohn dazu sein. Bis dahin hatte ich Presswehen.

Irgendwie schaffte ich es ins Auto. Kaum war ich drin, platzte meine Fruchtblase. Ich spürte es richtig wie einen Luftballon in mir, der einfach zerplatzt ist. Mein Mann fuhr los und rief direkt wieder Catalina an. Sie fragte mich, ob ich Presswehen habe und machte mir dann über den Lautsprecher vor, wie ich atmen solle. Das half sehr. Es regnete, mein Mann fuhr über eine rote Ampel, unser Auto piepste, weil ich mich weigerte mich anzuschnallen. Es war dann doch alles etwas dramatisch.

Um 02:00 Uhr waren wir am Geburtshaus. Drinnen lief gerade die Badewanne ein, aber sie war noch nicht voll genug. Also half mir Catalina in den Vierfüßler-Stand auf einer Matte am Boden. Sie hörte die Herztöne des Babys ab und versicherte mir, dass alles gut sei. Mein Mann kam rein und sagte mir, wie schön alles sei, es gäbe sogar Kerzen. Das nahm ich gar nicht wahr. Ich erinnere mich, mehrmals gesagt zu haben, ich wolle nicht mehr und dass Catalina mir sagte, ich sollte ja sagen. Da beschloss ich, das Baby könne keine einzige Wehe länger drinbleiben und presste es mit meiner ganzen Kraft raus. Ich habe mich sehr stark gefühlt und war unglaublich stolz, als Aaron dann neben mir lag. Es war unglaublich. Nachdem die Plazenta da war, durfte ich die Nabelschnur durchschneiden. Inzwischen war die Badewanne vollgelaufen und ich konnte mich nach der Geburt direkt hineinlegen, was sehr wohltuend war. Nachdem wir uns ein paar Stunden in einem Raum des Geburtshauses ausgeruht hatten und sich Catalina, Antje und eine Hebammenschülerin sehr führsorglich um uns gekümmert hatten, konnten wir um 06:00 Uhr nach Hause fahren.

Als wir zuhause ankamen, erzählte uns meine Mutter, dass unser älterer Sohn kurz aufgewacht sei, nachdem wir die Wohnung verlassen hatten. Sie habe ihm erklärt, wo wir seien, woraufhin er im großen Bett weiterschlafen wollte. Da lag er also, als wir mit dem kleinen Aaron nach Hause kamen. Wir haben uns zu ihm gelegt. Eine Stunde später ist unser älterer Sohn aufgewacht. Als erstes sagte er: „Ist der Bruder rausgekommen?“ Er hat sich so sehr über den kleinen Aaron gefreut und ihn direkt auf den Arm genommen. Das war unglaublich schön.

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