Johann Georg

Nach einer nicht besonders tollen Geburt meiner Tochter vor 4 Jahren in der Klinik war mir klar, wenn ich noch ein Kind bekomme, dann muss die Geburt anders verlaufen. 2 Freundinnen von mir hatten mehrere Hausgeburten und waren völlig begeistert. Ich hatte auf der einen Seite immer großen Respekt, dass sie sich getraut haben, Zuhause zu entbinden, auf der anderen Seite fand ich die Vorstellung sehr reizvoll. Mit dem positiven Schwangerschaftstest in der Hand fing ich wieder an, mit dem Gedanken Hausgeburt zu spielen und nachdem auch mein Mann zumindest nicht mit Ablehnung darauf reagierte, war der Entschluss gefasst, eine Hebamme zu suchen, die Hausgeburten betreut und so sind wir auf Chris gestoßen. Gleich nach unserem 1. Vorsorgetermin war uns klar, wenn Hausgeburt, dann mit Chris…und irgendwie war die Entscheidung dann eigentlich auch getroffen…

Ab der 34. SSW zeigte dass CTG Wehentätigkeit und ich wurde zum wiederholten Mal zum Ruhen und viel Liegen verdonnert, damit das Kind nicht zu früh kommt…die Erleichterung war riesengroß, als dann die 37. SSW geschafft war und damit der Hausgeburt nichts mehr im Wege stand. Jetzt rechneten wir jeden Tag damit, dass es losgehen könnte. Die Frustration war groß, als dann der ET erreicht war und noch immer nichts passierte und zudem auch noch Chris Urlaub immer näher rückte. Am ET hatte ich noch einen Termin bei Chris im Geburtshaus. Die Stimmung stieg wieder etwas, als sie mir freudig mitteilte, dass der Muttermund schon ca 2 cm geöffnet wäre, sie rechnet damit, dass es bald losgeht. Am selben Abend bekam ich wieder leichte regelmäßige Wehen, die den ganzen darauffolgenden Tag anhielten aber nicht stärker wurden…um 19 Uhr wurden die Wehen schlagartig stärker, die Abstände kürzer, aber so richtig ernst nehmen konnte ich das nach meinen Erfahrungen bei meiner Tochter nicht. Um 20:30 Uhr zwang mich mein Mann Chris anzurufen um sie wenigstens mal darauf vorzubereiten, dass es losgehen könnte. Chris kam dann gleich vorbei. Ernüchternde Untersuchung: Muttermund 3 cm und hart. Meine Stimmung war entsprechend, für mich sah das nach einer Wiederholung der 1. Geburt aus, stundenlange ineffektive Wehen…Super! Chris empfahl mir ein Entspannungsbad und ging dann um 21:30 nochmal nach Hause. Wir sollten sie nach dem Baden anrufen und die Lage schildern. Als ich um kurz nach 22 Uhr aus der Badewanne stieg, wurden die Wehen schlagartig so heftig und die Abstände so kurz, dass ich nicht mehr wusste, wie ich damit umgehen sollte. Mein Mann rief sofort bei Chris an und die war keine 5 Minuten später zum Glück auch schon da. Ich war erleichtert nicht mehr allein zu sein und sehr dankbar für alle Tipps die sie mir gab. Chris und mein Mann fingen dann bald an, im Wohnzimmer alles vorzubereiten, was mich in dem Moment ziemlich nervte, da ich davon ausging, dass es noch mindestens 6 Stunden dauert und ich eigentlich viel lieber meiner Ruhe haben wollte. Nach einer halben Stunde, die mir aber vorkam wie 3 Stunden, merkte ich, dass meine Kräfte nachließen und der Mut verließ mich…das würde ich definitiv nicht länger aushalten. Chris untersuchte mich nochmal und schickte mich daraufhin direkt auf die vorbereitete Plane…mir war noch immer nicht klar, warum diese Hektik verbreitet wurde, bis Chris meinte, es geht jetzt bald los. Kurz darauf sprang die Fruchtblase. Dann bekam ich nur noch entfernt mit, dass Chris meinem Mann sagte, er solle die Wohnungstür aufmachen, damit Henrike reinkommen kann. Nach einer weiteren Wehe wollte er gerade losgehen, als Chris meinte „Bleib da, das Kind kommt vor Henrike“. Zwei (oder waren es drei?) heftige Presswehen folgten und da war der kleine Johann schon da. Ich konnte nicht fassen, dass es erst 23:08 Uhr war. Ich habe ihn gleich zu mir genommen und konnte den Kleinen kuscheln ohne dass mich irgendjemand dabei gestört hat. Ich bin immer noch überwältigt und überglücklich über die Ruhe die dann folgte, niemand hat mir Johann wieder weggenommen, alle Untersuchungen und die Versorgung meiner kleinen Geburtsverletzungen fanden in vertrauter, gemütlicher Umgebung mit Johann auf meiner Brust statt. Mein Mann und Chris haben dann noch aufgeräumt und Johann angezogen und dann konnten wir uns zu dritt in UNSER Bett kuscheln – stressfreier und geborgener kann eine Geburt in meinen Augen nicht ablaufen. Besonders schön war es, als am nächsten morgen eine strahlende große Schwester vor unserem Bett stand und sich auch noch dazu gekuschelt hat, jetzt waren wir komplett und keiner störte uns beim Kennenlernen.

Ich danke Chris für eine tolle und immer sehr lustige Betreuung während der Schwangerschaft, sie hat es immer wieder geschafft, mich nach entmutigenden Arztterminen zu beruhigen. Außerdem danke ich ihr für die Unterstützung unter der Geburt, sie hat mich ermutigt und mir eine wahnsinnige Zuversicht und Sicherheit gegeben, ich konnte mich richtig Fallenlassen, was mir damals in der Klinik überhaupt nicht gelungen ist. Ohne Chris hätten wir uns vermutlich nicht getraut und dieses einmalige Erlebnis nie gehabt. Und ich danke Chris und Lisa für die nette und sehr kompetente Wochenbettbetreuung. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächste Geburt!

 

Bericht des Vaters

 

Das Thema Hausgeburt war für mich früher immer so was mittelalterliches und abgedrehtes, was sich nur Ökos und Hardcore-Esoteriker antun. Nachdem wir nun aber von zwei Freundinnen erfahren hatten, dass sie Ihre Kinder daheim bekamen, war ich offener, hatte aber immernoch großen Respekt vor der Sache. Den Ausschlag für eine Entscheidung zur Hausgeburt gab mir der Gedanke, dass wir so nah an den Tübinger Kliniken wohnen, dass wir im Falle von Komplikationen genauso schnell mit dem Auto in die Klinik fahren, wie der Weg vom Kreissaal in den OP dauert. Bei unserem ersten gemeinsamen Gespräch mit Chris fand ich sehr beruhigend, dass sie uns erstmal erzählte, was Gründe für den Abbruch der Hausgeburt und eine Verlegung ins Krankenhaus wären – es handelte sich hier offenbar um keine Ideologin, die meint das Kind unter allen Umständen in unserer Wohnung auf die Welt bringen zu müssen. Die weiteren Vorsorgetermine konnten wir so legen, dass ich meistens dabei war und auch unsere Tochter fand die Untersuchungen und das Hören der Herztöne des Babys faszinierend. Chris nahm sich auch immer genügend Zeit auch noch ein bisschen zu quatschen und so fanden wir heraus, dass wir beide eine Leidenschaft für Hasen haben – auf dem Teller. Schnell kam die Abmachung auf, dass es nach der Geburt Hase gäbe. Die Hebamme muss eh noch einige Stunden bleiben, in der Zeit ist der Braten fertig.

Am Tag der Geburt hatte meine Frau schon morgens leichte Wehen. Die hatte sie allerdings auch schon fünf Tage früher ohne Ergebnis und ich war genervt, dass ich daheim geblieben war und die Arbeit liegen gelassen hatte. Diesmal wurde die Sache allerdings ernster. Ich war am Nachmittag dafür, Chris wenigstens mal darauf vorzubereiten, dass was passieren könnte, meine Frau wollte aber noch warten, weil sie sich nicht sicher war. Beim Abendessen waren die Wehen dann immerhin so stark, dass meine Frau immer wieder aufstehen musste, um sich am Treppengeländer zu halten. Jetzt zwang ich sie, Chris anzurufen. Nach dem empfohlenen Bad (siehe oben) gings dann rund und die Wehen wurden richtig heftig. Chris kam wieder und während meine Frau ihre Wehenarbeit machte, breiteten wir Malerplane und Bettlaken auf dem Boden aus. Nach einer letzten Untersuchung sagte Chris, das der Muttermund geöffnet und die Fruchtblase nach außen gewölbt sei. Miene Frau kniete jetzt und stützte sich auf einen Petziball, ich drückte ihr während der Wehen auf das Kreuzbein und passte auf, dass sie nicht vor Erschöpfung zur Seite umfiel. Zwei Wehen später kam schon der Kopf raus. In der Wehenpause öffnete unser Sohn, noch bis zum Hals im Geburtskanal, schon die Augen und versuchte zu Schreien (meine Frau kniete immer noch und über Ihr stehend konnte ich in das Gesicht unseres Kleinen sehen). Noch eine Wehe und unser Kind war da. Nach erstem Kuscheln gings an Nabelschnur, Nachgeburt und Versorgung der Geburtsverletzung durch Chris. Wir wogen den Kleinen und Chris und ich räumten auf. Dann gings ins Bett, den Hasen verschoben wir auf den nächsten Tag.

Im Nachhinein ist meine Meinung zum Thema Hausgeburt komplett geändert. Es war stressfrei weil ohne Autofahrt, ohne Anmeldeformulare im Krankenhaus, ohne Schichtwechsel der Hebammen, ohne die Suche nach Getränken im Kreissaal. Außerdem konnte ich bei der Geburt viel mithelfen. Das Beste aber war, am Ende des Tages gemeinsam zu Hause zu sein.

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