Tino Karl

Geburtsbericht

Bereits mit meinem positiven Schwangerschaftstest wusste ich, dass ich mich wieder im Geburtshaus anmelden wollte. Wieder, da wir bereits in den zwei vorangegangenen Schwangerschaften, die leider beide früh in kleinen Geburten endeten, auch dort angemeldet waren. Die damals so guten, einfühlsamen und trostspendenden Begleitungen durch Susanne bzw. Anaïs ließen die Option, mit der Anmeldung länger zu warten, bei mir erst gar nicht aufkommen, sondern bestärkten mich im Gegenteil, mich sofort zu melden.
Wir entschieden uns recht schnell für eine Hausgeburt – warum kann ich gar nicht so genau sagen, es fühlte sich einfach gut und stimmig für uns an. Während der Schwangerschaft hatte ich immer wieder Termine mit Anaïs und auch mit Susanne (die die Wochenbettbetreuung übernahm), und auch Antje und Theresa (bei der ich zur Akupunktur war) lernten wir kennen. Ich konnte mich bei jeder Frage oder Unsicherheit melden, alles in allem war die Schwangerschaft sehr schön und entspannt. Etwa eine Woche vor dem ET waren wir samstags noch auf einem Geburtstag, von Geburtsbeginn war nichts zu spüren, außer dass mein Bauch immer mal wieder hart wurde, das war aber die Tage davor auch schon immer so gewesen und nicht weiter störend. Sonntags, nach einem späten Frühstück, packte mich auf einmal ein Drang, aufzuräumen und eine Panik, noch gar nicht genug vorbereitet zu sein (ich hatte während der Schwangerschaft viel Zeit mit Vorbereitung auf die Geburt verbracht). Ich konnte gar nicht verstehen, warum mein Partner jetzt noch ein Nickerchen machen konnte und auch die Nachfragen aus meiner Familie, wie es mir gehe, stressten mich plötzlich. Ich schaltete mein Handy in den Flugmodus und räumte gestresst die Wohnung auf. Mein Bauch wurde dabei immer mal wieder hart, aber das war mir ja schon bekannt, deshalb dachte ich mir nichts dabei. Rückblickend ging die Geburtsreise da wohl schon los, was mein Unterbewusstsein ja ganz deutlich merkte. Mein Partner bremste dann meine Aufräumwut, beruhigte mich und wir legten uns gemeinsam noch einmal hin. Ich wachte irgendwann wieder auf und hörte eine Hypnose, um den Geburtsbeginn mental zu fördern (ein Teil meiner Vorbereitung). Wir holten uns mittags noch etwas Leckeres zu essen und verbrachten einen gemütlichen Sonntag, ich war dabei meist auf dem Pezziball oder davor kniend, da ich jetzt auch ein wenig Rückenschmerzen hatte und immer mal wieder ein ganz leichtes Ziehen im Unterbauch, allerdings nicht wirklich schmerzhaft. Gegen Abend merkte ich, dass sich wohl der Schleimpfropf gelöst hatte – zu diesem Zeitpunkt dachte ich aber, dass es ja noch eine ganze Weile dauern könnte, bis die Geburt richtig losgeht. Ich ließ mir wegen der Rückenschmerzen eine Badewanne ein, danach schrieb ich eine Nachricht an Antje, dass ich sehr unregelmäßige Wehen über den Tag hatte und dass der Schleimpfropf abgegangen war… „aber vermutlich dauert das ja auch noch ein bisschen“. Kurz nachdem wir begonnen hatten, den Sonntags-Tatort anzuschauen, hatte ich das Gefühl, zur Toilette zu müssen. Noch auf dem Weg ging ein ganzer Schwall Fruchtwasser ab. Daraufhin rief ich bei Antje an, um ihr diese neuste Entwicklung mitzuteilen. Da ich davon ausging, noch keine regelmäßigen Wehen zu haben, besprachen wir, dass ich das Protokoll für den vorzeitigen Blasensprung führen sollte und wir uns später noch einmal hören. Circa eine dreiviertel Stunde später telefonierten wir nochmal. Ich spürte die Wehen zu diesem Zeitpunkt zwar deutlicher, aber es fiel mir schwer, sie zu tracken oder eine Regelmäßigkeit festzustellen – auch musste ich sie noch nicht veratmen. Unser Kind merkte ich dagegen sehr gut, der Kleine war recht munter. Wir vereinbarten, dass, wenn es los geht, ich mich ab Mitternacht bei Anaïs melden sollte. Danach schauten wir erstmal noch den Tatort zu Ende. Nach dem Tatort kamen die Wehen langsam häufiger und wurden etwas intensiver. Ich verbrachte die meiste Zeit im Badezimmer, wo ich mich bewegte und veratmete, während mein Freund anfing, das Wohnzimmer etwas umzuräumen, eine gemütliche Atmosphäre mit Kerzen zu schaffen und den Geburtspool aufzubauen. Kurz vor Mitternacht hatte ich noch Kontakt mit Anaïs, zu diesem Zeitpunkt dachte ich auch noch, dass es sicherlich noch etwas dauern würde. Dann nahm alles allerdings recht schnell Fahrt auf: die Wehen wurden innerhalb einer halben Stunde so stark, dass das Veratmen schwer wurde und ich mir die Unterstützung von Anaïs wünschte. Bisher war für mich subjektiv alles sehr gut handelbar gewesen, noch als Anaïs kurze Zeit später bei uns eintraf, kamen die Wehen so intensiv und kurz aufeinander, dass ich gefühlt kaum Zeit zum Verschnaufen dazwischen hatte und mir auch etwas schlecht war. Anaïs untersuchte mich, ich wollte aber nicht wissen, wie weit der Muttermund schon war – er war schon bei 8 cm und ich also schon mitten in der Übergangsphase. Die Herztöne unseres Kleinen waren super. Die nächsten zwei Stunden liefen für mich irgendwie im Zeitraffer ab, ich hatte die meiste Zeit die Augen geschlossen und war ein bisschen wie in Trance. Anaïs atmete mit mir und unterstützte mich, währenddessen lief der Geburtspool voll. Das warme Wasser war eine richtige Wohltat und half mir, mich zu entspannen – irgendwie dachte ich auch zu diesem Zeitpunkt noch, dass alles noch dauern würde. Letztendlich war ich eine knappe Stunde im Pool. Anaïs leitete mich zu unterschiedlichen Positionen und zum Atmen an, mein Pressdrang wurde immer stärker und irgendwann konnte ich dann das Köpfchen spüren. Um 2:57 wurde unser Sohn dann im Wasser geboren und war sofort ganz und gar da! Während er auf meiner Brust lag, war ich erst kurz völlig perplex, wie schnell es ging. Antje (die gerade rechtzeitig vor der letzten Wehen eingetroffen war) und mein Partner holten angewärmte Handtücher für uns. Nachdem die Plazenta geboren wurde, wechselte ich vom Pool aufs Sofa, wo wir Zeit hatten, unseren Sohn ausgiebig zu begrüßen. Erst nach circa einer Stunde wurde der Kleine abgenabelt, Anaïs machte die U1 und untersuchte mich. Gegen 6 Uhr, mit dem Morgengrauen, verabschiedeten sich Anaïs und Antje und wir starteten glücklich und entspannt ins Wochenbett.

Die ganze Geburtsreise und auch schon die Schwangerschaft waren auch durch diese wundervolle Begleitung ein durchweg schönes Erlebnis. Ich bin froh, dass wir so in unserem selbstbestimmten Weg unterstützt und begleitet wurden. Tausend Dank an das Team des Geburtshauses für diese tolle und wichtige Arbeit und vor allem natürlich an Anaïs und Antje!

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