Schon zu Beginn der Schwangerschaft war mir klar, dass ich gerne im Geburtshaus gebären möchte, und so wurde ich auch von Beginn der Schwangerschaft an durch Inna begleitet. Die Vorsorgen – anfangs im Wechsel mit meiner Gynäkologin, ab der 32. Woche dann nur noch im Geburtshaus – wurden schöne Inseln im Alltag, um sich gemeinsam auf die Geburt zu freuen. Dank Innas Flexibilität konnte Noam alle Vorsorgen mit wahrnehmen. Durch diese bestärkende und sehr informative Begleitung und einen wunderbaren Geburtsvorbereitungskurs bei Regina fühlten wir uns bestens gewappnet für das Abenteuer Geburt und in mir breitete sich eine tiefe Entspannung und ein Vertrauen aus, dass ich das würde gut meistern können.
Am Tag vor der Geburt – ET + 2 Tage – macht sich in mir eine große Ungeduld breit. Ich bin es leid zu warten, weiß auch nicht mehr richtig was ich mit meiner Zeit anfangen soll. Draußen ist es zu warm, um mit dem Bauch unterwegs zu sein und zu Hause habe ich nichts mehr zu tun. Daher beschließe ich mir die Zeit in den nächsten Tagen mit kochen und backen zu verbringen. Nochmal neue Rezepte ausprobieren, bevor dafür Zeit und Kopf fehlen werden. Ich suche mir also ein Kuchenrezept für uns zu Hause heraus und eines für einen Kuchen, den ich meinem Bruder backen möchte, da er in den nächsten Tagen ein Babybett bauen wird. In der Nacht wache ich dann noch häufiger als sowieso schon auf, gehe auf die Toilette und schlafe wieder ein. Vermutlich waren das die ersten Wehen, die ich aber nicht als solche erkenne. Am Dienstagmorgen starten wir normal in den Tag – Noam und ich stehen gemeinsam um 6 Uhr auf, frühstücken und gehen mit unserem Hund Toffie eine Runde laufen. Dabei bemerke ich leichte Schmerzen im unteren Rücken und entscheide mich dafür nach dem Spaziergang – Noam ist mittlerweile zur Arbeit gefahren – erstmal auf der Couch mit einer Wärmflasche auszuruhen. In dem kommenden 1.5 h kommen und gehen die ziehenden Schmerzen im unteren Rücken immer wieder. Ich bemerke die Regelmäßigkeit und freue mich sehr – das sind wohl die ersten Wehen! Sie kommen noch in längeren Abständen und sind sehr gut auszuhalten. Ich schreibe Noam, dass es wohl langsam losgeht und ich mich melden werde, sobald ich ihn zu Hause brauche. Es geht mir super, die Wehen sind kurz und in längeren Abständen und so beschließe ich trotzdem einkaufen zu gehen und die zwei Kuchen, die ich backen wollte zu backen. Vielleicht wird einer davon ja wirklich ein Geburtstagskuchen! Den restlichen Vormittag bin ich in der Küche, backe, veratme die immer häufiger auftretenden Wehen, höre Musik und freue mich, dass sich unser kleiner Schatz auf den Weg gemacht hat! Ich schaffe es bis zum Mittag den Kuchen für meinen Bruder fertig zu backen und von unserem Geburtstagskuchen den Boden zu backen, aber ich merke, dass ich mich zunehmenden stärker auf die Wehen fokussieren muss. Ich mache mir noch ein Mittagessen und telefoniere dann um halb 2 kurz mit unserer Hebamme Inna, dass es jetzt losgegangen ist. Da ich meine Wehen nicht tracke kann ich nur schätzen, dass sie mittlerweile in Abständen von weniger als 5 Minuten kommen. Dennoch sind sie weiterhin sehr gut zu veratmen und ich gehe noch eine kurze Runde mit Toffie spazieren – immer wieder mit kurzen Pausen. Zu Hause angekommen schreibe ich nochmal Noam, dass es mir gut geht und ich mich melden werde. Ich merke, dass der Vormittag einiges an Kraft gekostet hat und entschließe mich daher noch ein wenig im Bett auszuruhen, eine Geburt kann sich ja doch eine ganze Weile hinziehen. Zwischen den Wehen kann ich auch sehr gut im Bett entspannen und richtig Kraft tanken. Die Wehen selbst sind allerdings im Liegen schwerer zu veratmen. Hin- und hergerissen zwischen der guten Entspannung liegend und einem besseren Veratmen im Stehen, wechsle ich über den Nachmittag immer wieder die Position im Bett oder stehe auf und laufe ein bisschen durch die Wohnung. Dabei kann ich die immer intensiver werdenden Wehen und gut annehmen und finde für mich einen Rhythmus damit umzugehen. Wie ich im Nachhinein erfahre habe, haben die Wehen im Liegen es dem Muttermund erleichtert sich zu zentrieren und daher auch zu öffnen.
Gegen 16 Uhr merke ich, dass es deutlich intensiver wird (wie oft und wie lange die Wehen kommen möchte ich aber selbst nicht wissen) und rufe daher Noam an, der sich auf dem Weg nach Hause macht. Als er gegen 16:30 ankommt, versucht es mich in den Wehen zu unterstützen, bietet mir den Pezziball an, atmet mit und massiert meinen unteren Rücken. Ich bin aber mittlerweile so in meinem eigenen Rhythmus, dass ich ihn eher bitte alles fertig vorzubereiten und mal grob zu beobachten wie oft die Wehen mittlerweile kommen. Um 17 Uhr sprechen wir nochmal mit Inna über den Stand der Dinge, sie fragt wie lange und oft die Wehen kommen und wir beschließen weiter eng in Kontakt zu bleiben. Noam bietet mir an ein Bad einzulassen, aber ich denke es ist noch zu früh. Ich warte noch auf meine Mutter, die Toffie nach der Arbeit abholen will und gegen 18:30 kommt. Mittlerweile bin ich nur noch mit den Wehen und vor allem dem Kraft Tanken dazwischen beschäftigt und sehr erleichtert, als meine Mutter Toffie und den halbfertigen Geburtstagskuchen abgeholt hat. Da die Wehen nun sehr intensiv sind und ich keine gute Position mehr finde, um sie zu veratmen und ich auch das Gefühl habe solangsam Inna zu brauchen, ruft Noam nochmal Inna um 18:45 an und schildert ihr die Lage. Im Nachhinein vermute ich, dass ich mich in der Übergangsphase befunden habe. Sie schlägt ein Bad vor und dass ich versuchen soll den Muttermund zu tasten und wir willigen darin ein. In der Wanne sind die Schmerzen plötzlich völlig verschwunden und ich kann kurz durchatmen. Die folgenden Wehen sind zwar schmerzfrei, aber viel intensiver als alles davor. Ich töne und merke, wie sich mein gesamter Bauch und Rücken intensiv anspannt in den Wehen. Ich versuche erfolglos zwischen den Wehen meinen Muttermund zu tasten und habe in einer der Wehen das Gefühl, dass die Fruchtblase platzt, bin mir dessen aber nicht sicher, da in der Wanne ja schon alles nass ist. Da ich mittlerweile einen klaren Drang spüre mitzupressen, rufen wir um 19:26 wieder Inna an und verabreden uns mit ihr auf 20 Uhr im Geburtshaus. Auf der Fahrt dorthin spüre ich deutlich, wie sich das Köpfchen in den Wehen nach unten zu schieben scheint. Da wir verabredet hatten in Ruhe ins Geburtshaus zu fahren, erzähle ich Noam nichts davon, sondern versuche zwischen den Wehen das Ammertal in der Abendsonne zu genießen. Im Geburtshaus angekommen empfängt uns Inna herzlich. Nach einer Wehe, die ich im Stehen mit ihr veratme, schlägt sie vor, mich zu untersuchen. Noam hatte schon schnell das Bett bezogen und ich kann mich hinlegen. Zu einer vaginalen Untersuchung kommt es dann aber nicht – sie kann das Köpfchen bereits während der Wehe sehen. Noam und ich sind beide glücklich! Dass es schon so weit wäre hätten wir nicht gedacht. Wir bleiben daher direkt im Bett liegen, ich schiebe in den Wehen nach Gefühl mit, Noam kommt dazu und nimmt meine eine Hand, während ich mit der anderen das Köpfchen ertasten kann. Inna begleitet die nächsten Wehen ermuntert uns und gibt mir eine tiefe Sicherheit, dass der Kleine jetzt kommen kann. Ich bin in einem anderen Zustand – einerseits nehme ich noch alles wahr und andererseits bin ich tief in mich gekehrt. Um 20:15 kommt noch Jule, eine Hebammenschülerin, dazu und übernimmt die Dokumentation. Um 20:25 schiebt sich unser kleiner Jonah in einer Wehe auf einer Welle von Fruchtwasser in diese Welt und schreit direkt kurz los. Ich bin erleichtert und überglücklich! In ein warmes Handtuch gepackt darf ich ihn auf meine Brust nehmen und wir dürfen uns kennenlernen. Inna, Susanne, die mittlerweile auch noch dazugekommen ist, und Jule freuen sich mit uns und schaffen eine ganz wunderbare, familiäre Atmosphäre. Nach der Nachgeburt und dem Durchtrennen der Nabelschnur durch Noam betrachten wir noch gemeinsam die Plazenta, bevor sich die drei Hebammen gegen 21:00 erstmal zurückziehen und uns als Familie ankommen lassen. Mit etwas Hilfe durch Jule kann Jonah, der hellwach all die neuen Eindrücke aufnimmt, auch gegen 21:50 das erste Mal stillen. Mit viel Geduld und Sorgfalt näht Inna noch meine Geburtsverletzungen so gut, dass ich auch während des Heilungsprozesses fast nichts davon spüre, während Susanne mich mental ablenkt und mit Noam und Jule bei Jonah die U1 macht. Es bleibt eine familiäre Atmosphäre mit warmen und herzlichen Gesprächen, die unser Ankommen begleiten und uns ganz beseelt. Glücklich und entspannt machen wir uns gegen 23:30 auf den Heimweg.