Am Abend vor dem errechneten Geburtstermin besuchte ich meine Freundin, die mir vorgeschlagen hatte, eine Schwangerschaftsyoga Stunde mit Meditation mit mir abzuhalten.
Nach dem Besuch hatte sich mein Gefühl der Unruhe und Ungeduld der letzten Tage gelegt. Die Schwangerschaft hatte sich in den letzten Wochen sehr beschwerlich für mich angefühlt und ich sehnte die Geburt herbei. Nun fühlte ich mich auf einmal ganz ruhig und beflügelt zugleich und war mir sicher dass es bald los gehen würde.
An diesem Abend ging ich früh ins Bett, da ich sehr müde war und mein Körper wohl spürte, dass er nochmal Kraft tanken sollte.
Um 1 Uhr nachts, nachdem ich bereits 4 Stunden tief und fest geschlafen hatte, hatte ich dann einen Blasensprung.
Weil ich wusste, dass das Baby noch nicht fest im Becken war, war ich etwas verunsichert und fragte mich on wohl alles in Ordnung ist, da ich nach dem Blasensprung gleich aus dem Bett aufgestanden war anstatt liegen zu bleiben. Ich rief deshalb Anja an, die mir versicherte, dass alles in bester Ordnung sei, da ich die Bewegungen des Babys spüre und kein Fruchtwasser mehr nachläuft.
Ich solle mich nun so gut es geht ausruhen und falls bis dahin noch keine Wehen eingesetzt hätten, am nächsten Vormittag um 11 ins Geburtshaus zu ihr kommen.
Also legte ich mich wieder ins Bett, hörte Entspannungsmusik und döste vor mich hin.
Die Wehen ließen nicht lange auf sich warten. Gegen 2 Uhr spürte ich die ersten. Die Abstände wurden schnell kürzer (alle 5-6 Minuten) wobei die Wehen noch sehr gut auszuhalten waren. Da wir aber einen einstündigen Anfahrtsweg hatten und es meine zweite Geburt war, machten wir uns relativ rasch um ca. halb 4 Uhr schon auf den Weg zu Anja ins Geburtshaus. Während der Fahrt wurden die Wehen sogar schon intensiver. Im Geburtshaus angekommen erwartete Anja uns. Ich fühlte mich dort sofort wohl und geborgen. Und trotzdem: die Wehen ließen plötzlich wieder nach, wurden viel schwächer und die Abstände größer und sehr unregelmäßig.
Ich war frustriert. Fühlte mich blöd, da ich Anja mitten in der Nacht aus dem Bett geholt hatte; war sauer, dass ich meinen Körper so schlecht eingeschätzt hatte und dachte, dass ich etwas falsch mache. Anja gab mir aber immer ein gutes Gefühl und wies mich immer wieder sanft dazu an auf meinen Körper zu hören und mich nun einfach nochmals auszuruhen, und dabei meinem Baby gut zuzureden, dass es sich nun auf den Weg machen darf. Mein Mann und ich legten uns gemeinsam ins Bett und versuchten zu entspannen. Meinem Mann gelang das gut 😉 nur bei mir kamen immer wieder die Gedanken auf, dass ich womöglich wie bei meiner ersten Geburt im Krankenhaus am Wehentropf entbinden würde, da ich es nicht allein schaffe.
Abwechselnd bewegte ich mich und legte mich wieder hin um auszuruhen. Wir gingen spazieren…doch nichts tat sich. Gegen halb 9 machte Anja dann den Vorschlag, dass wir und Brötchen vom Bäcker holen, und für mich dazu „Rizinuseier“ braten könnten. Diese sollten Wehen anregend wirken. Gesagt, getan. Mein Mann und ich frühstückten gemeinsam, und ich aß die in Rizinusöl gebratenen Spiegeleier – die tatsächlich sehr lecker schmeckten und meinen großen Hunger stillten 🙂
Weitere 2 Stunden später: Die Wehen hatte noch nicht an Fahrt aufgenommen. Nun setzte Anja sich zu mir um ein CTG zu schreiben und mich gleichzeitig anzuleiten und zu motivieren nach jeder Wehe eine neue Position einzunehmen. Ihre Anwesenheit tat mir gut und gab mir neuen Mut. Sie meinte nach dem CTG sollten wir uns nochmals zum Spazieren in den Wald aufmachen. Schon während des CTGs wurden die Wehen allmählich häufiger. Und als wir uns dann auf den Weg zum Spaziergang aufmachen wollten hatte ich plötzlich zwei sehr intensive Wehen die sich ganz anders als die vorigen anfühlten. Trotzdem wollte ich auf jeden Fall Laufen gehen, da ich befürchtete, dass die Wehen sonst wieder verschwinden würden.
Im Wald angekommen wurden die Wehen von Mal zu Mal intensiver und die Abstände kürzer. Ich musste mich teilweise auf meinen Mann stützen und schon laut tönen. Wir kehrten also relativ rasch ins Geburtshaus zurück und ich verkündete dort glücklich, dass ich nun endlich richtige Wehen hatte. Das war gegen 12.30 Uhr. Ab da ging alles ziemlich schnell. Vor dem Bett auf dem Boden knieend, hatte ich bald ein starkes Druckgefühl und Anja bat mich daraufhin selbst nach dem Köpfchen zu tasten. Leider war für mich nichts vom Köpfchen zu spüren. Also bat ich Anja nochmals nach zu tasten. Sie gab mir Recht – der Muttermund war zwar schon bei 8cm geöffnet, doch das Baby hatte es noch nicht geschafft sich mit dem Kopf richtig im Becken einzufinden.
Die Wehen waren zu diesem Zeitpunkt sehr intensiv und gefühlt gab es gar keine richtigen Pausen mehr dazwischen. Anja musste mich immer wieder zu mir selbst und meinem Baby zurücklenken, da ich mich teilweise im Schmerz verlor und Sorge hatte, dass das Köpfchen sich nicht ins Becken eindrehen würde. Ohne ihre mentale und auch tatkräftige Unterstützung (Äpfel schütteln usw ;-)) hätten Wim und ich sicherlich nicht so eine schöne Geburt erleben dürfen.
Nebenbei kümmerten sich mein Mann und die Hebammenstudentin Giulia mit Getränken und kühlen Waschlappen um mich. Immer wieder wechselte ich unter der Anleitung von Anja meine Position von einer Seite auf die andere und in den Vierfüßler Stand. In der Zwischenzeit traf dann auch Susanne, die zweite Hebamme ein.
Irgendwann verließen mich dann meine Kräfte und ich wollte nur noch Pause machen und schlafen. Ich sagte laut und entschlossen, dass ich nun wirklich nicht mehr kann und jetzt nichts mehr geht J Liebevoll aber bestimmt machte mir Anja daraufhin klar, dass sich jetzt für mein Kind nochmal alle Kräfte mobilisieren und mitschieben muss.
Unter bestärkenden Worten von Anja, Susanne, Giulia und meinem Mann schaffte ich es schließlich unseren kleinen Wim auf die Welt zu bringen. Im Vierfüßler Stand schob ich ein letztes Mal kräftig und um 14,17 Uhr lag dann unter mir dieses kleine Bündel Glück. Ich nahm ihn hoch und drückte ihn fest an mich. Mein Mann und ich strahlten uns an und die Freudentränen kullerten. Wir kuschelten uns gemeinsam ins Bett und Wim machte sich gleich auf die Suche nach der Brust. Gleich darauf riefen wir bei meinen Eltern an, die auf unseren großen Sohn aufpassten. Wim verkündete seine Geburt lautstark am Telefon und der Opa machte sich gemeinsam mit unserem 3jährigen auf den Weg zu uns. Bis zu seiner Ankunft räumten Susanne Anja und Giulia auf und versorgten meine Geburtsverletzungen vorsichtig und in aller Ruhe, während Wim auf meiner Brust lag und mich mit großen Augen begutachtete.
Als unser großer Sohn dann eintraf, überkamen mich wieder die Freudentränen. Er kuschelte zu uns und war sofort verliebt in seinen kleinen Bruder. Nach der U1 und viel Kuscheln, machten wir uns dann gemeinsam zu viert auf den Heimweg und durften von da an ein harmonisches und inniges Wochenbett erleben.